Allgemeine Beschreibung
Das Gleichgewichtsorgan ist im Innenohr lokalisiert und erfasst Drehbewegungen sowie lineare Beschleunigung. Die dort gewonnenen Sinneswahrnehmungen werden über Nervenbahnen ins Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet. So wird die Körper- und Augenposition mit der Kopfhaltung koordiniert und wenn nötig korrigiert.
Eine Ursache für die Erkrankung ist bis heute nicht gefunden. Eine Störung des Lymphflusses im Innenohr oder aber auch ein immunologisches Geschehen werden als mögliche Auslöser vermutet.
Symptome
Die Symptome treten für gewöhnlich plötzlich und sehr heftig auf, wodurch viele Tierbesitzer zunächst stark beunruhigt sind.
Typischerweise zeigen betroffene Hunde Kopfschiefhaltung, horizontaler oder rotierender Nystagmus (schnelle Augenbewegungen linear oder im Kreis), und Übelkeit bis hin zum Erbrechen. Gleichgewichtsstörungen und Ataxie (schwankender Gang) sind meist in unterschiedlich starker Ausprägung begleitend. Dies kann im Extremfall sogar zum völligen Verlust der Geh- und Stehfähigkeit führen.
Diagnose
Erste Hinweise erhält der Tierarzt meist aufgrund des Alters und akuten Auftretens der Beschwerden.
Die Diagnose „geriatrisches Vestibularsyndrom“ ist aber letzten Endes eine reine Ausschlussdiagnose, was heißt, dass es keine spezifischen Tests gibt. Somit müssen alle anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen zunächst abgeklärt werden, um die Diagnose am Ende sicher stellen zu können.
Ein Trauma (Unfall) mit Verletzung des Innenohrs oder das Einbringen von giftigen Substanzen ins Ohr (beispielsweise einige Antibiotika) lassen sich meist schon vorberichtlich erfassen. Entzündungen des Mittel- und Innenohrs oder auch bösartige Tumore, welche aber an dieser Stelle nur sehr selten auftreten, lassen sich mittels CT oder MRT darstellen. Polypen (gutartige Tumore) lassen sich ebenfalls per CT oder MRT nachweisen. Eine Schilddrüsenunterfunktion kann man mittels Blutuntersuchung abklären.
Therapie
Da die Ursache nicht geklärt ist, ist lediglich eine unterstützende Therapie möglich, um die Beschwerden zu lindern.
Hierfür empfiehlt sich eine Kreislauf-stabilisierende Infusionstherapie und die Gabe von Antiemetika (Anti-Brechmittel).
Manche Patienten sind aufgrund von Desorientiertheit und Schwindelgefühl sehr unruhig und profitieren von einer leichten Sedation mit Beruhigungsmitteln.
Mit einem erhöhten Pflegeaufwand ist bei den schwerwiegenderen Fällen zu rechnen: einige Hunde müssen von Hand zu gefüttert werden, können nicht mehr Gassi gehen und lassen Urin und Kot unter sich. Hierbei fühlt sich mancher Tierbesitzer überfordert oder kann dies zeitlich gar nicht leisten, sodass die stationäre Pflege in einer Tierklinik über die erste Zeit oft hilfreich ist.
Die meisten Hunde verbessern sich innerhalb der ersten 72 Stunden. Eine vollständige Heilung tritt nach 2-3 Wochen ein. Selten kann es auch bis zu 5 Wochen dauern. Teilweise bleibt eine leichte Kopfschiefhaltung zurück, was aber keine Einschränkung der Lebensqualität bedeutet.
© Frau Sarah Kühlenthal-Ludwig, AniCura Tierärztliche Klinik Neu-Ulm, Oktober 2016